Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Nur wenige Häftlinge überlebten

Erinnerung an das Massaker in Celle vor 65 Jahren

Am 8. April fanden sich Celler Bürger, unter ihnen auch Mitglieder der Celler VVN/BdA in den Triftanlagen ein, um an das Massaker in Celle vor 65 Jahren zu erinnern. 1992 wurde dort ein Denkmal errichtet, nachdem in den 80er-Jahren viele aufrechte Celler Bewohner Nachforschungen angestellt hatten. Daraufhin musste auch das offizielle Celle tätig werden.

Bei einem Bombenangriff im April 1945 auf den Celler Güterbahnhof wurde ein KZ-Transport mit rund 4500 Gefangenen aus dem KZ Salzgitter-Drütte und Zwangsarbeiterinnen aus dem Lager Salzgitter-Bad getroffen. Viele Menschen, wahrscheinlich zwischen 400 und 1000 kamen dabei um. Überlebende Häftlinge flohen in das nahe gelegene Neustädter Holz. Der Celler Stadtkommandant befahl daraufhin der in der Nähe stationierte SS-Einheit, einer Wehrmachtskompanie, der Celler Polizei, die Flüchtenden einzufangen, bzw. sie auch gleich zu erschlagen oder zu erschießen. Bis tief in die Nacht waren Schüsse und Schreie zu hören. Um Mitternacht waren die meisten überlebenden Häftlinge auf einem Sportplatz zusammengetrieben worden. An der am 9. und 10. April folgenden Nachsuche in Häusern und Gärten beteiligten sich auch Zivilisten und Volkssturmmänner; sie erschlugen oder erschossen manche Häftlinge. 30 Häftlinge exekutierten sie als "Plünderer".

Einigen Häftlingen gelang es, sich bis zum Eintreffen der alliierten Befreier verborgen zu halten. Andere hielt die Bevölkerung fest und übergab sie an die deutsche Wehrmacht.

Die Aktion führte zur erneuten Gefangennahme von rund 1100 Häftlingen. Älteren Quellen zufolge wurden 200 bis 300 Häftlinge erschossen; als gesichert gilt eine Mindestzahl von 170 Opfern.

Aus ungeklärten Gründen überließ die dezimierte SS-Bewachung einen Teil der Gefangenen der Wehrmacht und trieb eine große Anzahl von ihnen weiter nach Bergen-Belsen. Auf diesem Todesmarsch erschoss die SS entkräftete Häftlinge, die nicht mehr weitermarschieren konnten, am Wegesrand.

Eine andere Gruppe blieb in einer geräumten Kaserne in Celle zurück. Die Verantwortung für dieses "improvisierte Konzentrationslager " bekam ein für das Kriegsgefangenenwesen zuständiger Hauptmann sowie die Stadtverwaltung, die für die karge Verpflegung und unzureichende ärztliche Versorgung der Gefangenen sorgen sollten. Bei der kampflosen Übergabe der Stadt am 12. April 1945 fanden die britischen Truppen Hunderte unversorgter Menschen vor, darunter zahlreiche Sterbende sowie Tote. 162 der Befreiten lieferten sie alsbald in ein Hilfskrankenhaus ein.

Klaus Meier