Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Ehrung für August Baumgarte

Die Kreisvereinigung der VVN-BdA Hannover und die Geschichtswerkstadt Hannover, unterstützt von der DGB-Region Niedersachsen Mitte, brachten am 11.12.2005 an einem bisher unbenannten Weg in Hannover-Linden ein Straßenschild zu Ehren von August Baumgarte an.

Der unbeugsame Kommunist und Antifaschist August Baumgarte (1904-1980) wurde schon seit 1932 von der Justiz politisch verfolgt und verbrachte die Zeit des Faschismus ununterbrochen in den Zuchthäusern und Lagern der Nazis, darunter dem Börgermoor und Mauthausen. Wegen seines Kampfes gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik wurde er auf Grund des KPD-Verbots 1957 erneut verurteilt und war bis 1959 im Gefängnis. Das Regime des Kalten Krieges verweigerte ihm auch die Anerkennung als Opfer des faschistischen Terrors. Der Montage des Schildes wohnten zahlreiche Antifaschisten aus der Region bei, darunter Kurt Baumgarte, Bruder von August, selbst Widerstandskämpfer und Ehrenmitglied der VVN-BdA Landesvereinigung Niedersachsen. Ein Sprecher der Geschichtswerkstadt gab einen Überblick über das Leben des Geehrten und forderte die zuständigen kommunalen Gremien auf, die Benennung offiziell zu machen. Kulturelle Beiträge u.a. vom DGB-Chor Hannover umrahmten die Veranstaltung.

rwk


Wie viel Demokratie braucht das Kapital?

Zum 9. Mal fand in Hannover am 4. Februar die traditionelle Antifaschistische Sozialkonferenz statt, federführend organisiert von der Bildungsvereinigung „Arbeit und Leben“ und getragen vom ver.di-Bildungswerk, der ver.di-Jugend, der DGB-Jugend, der IG Metall, der VVN-BdA, der Geschichtswerkstatt Hannover und dem evangelischen Industriepfarramt.

Als Gastgeber begrüßte Ingo Arlt von der IG Metall die über hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer und wies auf den Zusammenhang von Sozial- und Demokratieabbau hin. Er gedachte unseres kürzlich verstorbenen Kameraden Klaus Harbart, den er als jahrelangen Mentor und Organisator der antifaschistischen Arbeit in den Gewerkschaften im Raum Hannover würdigte. Klaus hatte zuletzt noch mit seinen Ideen zur Vorbereitung dieser Konferenz beigetragen.

Das einleitende Referat („Gegen die historische Amnesie!“) hielt Dr. Peter Scherer, ehemals Leiter des Zentralarchivs beim Vorstand der IG Metall. Wie in seinem Grundsatzreferat auf dem letzen Bundeskongress der VVN-BdA vertrat er die These, dass derzeit eine dem Hitlerfaschismus vergleichbare Diktatur in Deutschland nicht zu erwarten sei (vgl. antifa Juli/August 2005 und die Diskussionsbeiträge in den letzten Ausgaben der antifa).

Die nachfolgende rege Diskussion und die Arbeit in den drei Arbeitsgruppen handelte noch einmal von der Bewertung des deutschen Faschismus und Neofaschismus und der Verbreitung rechtsextremer Einstellungen unter Gewerkschaftsmitgliedern vor dem Hintergrund einer neueren Studie und den notwendigen Handlungsperspektiven, den rechtlichen Rahmenbedingungen sowie den Erfahrungen und den bündnispolitischen Möglichkeiten bei der Verhinderung von Naziaufmärschen sowie der Bedeutung des Antifaschismus für die gewerkschaftliche Politik. An mehreren Stellen wurde deutlich, dass die Diskussionen oft an mangelnder begrifflicher Klarheit kranken. So war auch auf dieser Konferenz von „Rechtsextremismus“ wie von Neofaschismus die Rede. Auch Antisemitismus und Antizionismus fanden keine hinreichend klare Abgrenzung. Mehrmals wurde die Frage aufgeworfen, ob es angesichts der Einmaligkeit der Verbrechen an den europäischen Juden nicht eine Verharmlosung bedeute, wenn man den deutschen Faschismus in eine Reihe mit anderen faschistischen Regimes stelle. Scherer wandte dem gegenüber ein, dass das Entsetzen vor diesen Verbrechen nicht den Blick auf die gemeinsame Funktion aller faschistischen Bewegungen bei der internationalen Konterrevolution verstellen dürfe.

Das wichtigste Fazit der Konferenz ist jedoch die Forderung, den Kampf gegen Faschismus und Krieg verstärkt und systematisch mit den Bewegungen für die Rechte und Interessen der arbeitenden Menschen zu verbinden.

rwk


Stiftung Lager Sandbostel

Ein aktueller Bericht (Februar 2006)

Das Stalag X B (Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager B im Wehrkreis X) Sandbostel, eines der größten Gefangenenlager des NS-Staats im nordwestdeutschen Raum und Ort eines zweifachen Massensterbens unter sowjetischen Kriegsgefangenen im Winter 1941/42 und unter „evakuierten“ KZ-Häftlingen im April/Mai 1945, ist in den letzten beiden Jahren verstärkt in den Focus öffentlicher Aufmerksamkeit gelangt. Im Mittelpunkt standen dabei der Konflikt um die Errichtung einer Gedenkstätte auf dem historischen Lagergelände und die Frage, wie künftig mit den in ihrem Ensemblecharakter und in ihrer Vielgestaltigkeit einzigartigen Überresten eines Barackenlagers für Kriegsgefangene umgegangen werden soll.

Der Konflikt war im Jahre 2004 von dem Hamburger Unternehmer und Holocaust-Verfolgten Ivar Buterfas medienwirksam auf die Tagesordnung einer zuletzt bundesweit beachteten Debatte gebracht worden. Der öffentliche Druck veranlasste die niedersächsische Landesregierung, eine von zwei Moderatoren geleitete Arbeitsgruppe einzusetzen, aus der im Dezember 2004 die Stiftung Lager Sandbostel hervorging. Ihr gehören folgende Gründungsmitglieder an: das Land Niedersachsen, der Landkreis Rotenburg (Wümme), die Gemeinde Sandbostel, die Samtgemeinde Selsingen, die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Selsingen, die Vereine Dokumentations- und Gedenkstätte Sandbostel und Geschichtsfreunde Sandbostel, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und Pro Europa, eine von dem ehemaligen französischen Kriegsgefangenen Bernard Le Godais geschaffene Organisation.

Gut ein Jahr nach Gründung der Stiftung Lager Sandbostel kann über erste Ergebnisse ihrer Arbeit berichtet werden:

Der im August 2005 vertraglich vereinbarte Verkauf eines 27.600 Quadratmeter umfassenden Teilgeländes des Militaria-Händlers Edelmann an die Stiftung konnte inzwischen zum Abschluss gebracht werden, nachdem die neun auf diesem Grundstück noch erhaltenen historischen Lagerbaracken im Januar 2006 leer geräumt worden sind. Auf dem benachbarten Gelände der Straßenmeisterei des Landkreises Rotenburg sind im vergangenen Jahr von der AG Spurensuche des Gedenkstättenvereins unter Leitung von Dietrich Alsdorf zahlreiche hoch interessante Funde gemacht werden. Nach dem Winter sollen dann auch auf dem von der Stiftung Lager Sandbostel erworbenen Grundstück archäologische Grabungen folgen.

Von einer Arbeitsgruppe unter Federführung des Architekten Detlef Cordes wurden in einem Gutachten Teile eines der beiden ehemaligen Küchengebäude sowie zwei Wohnbaracken für erhaltungsfähig befunden. Die anderen Baracken auf dem Stiftungsgelände müssen angesichts ihres Zustands voraussichtlich bis auf die Giebelfronten und die Fundamente dem Verfall preisgegeben werden. Allerdings soll der Ensemblecharakter der Lagerüberreste nach Möglichkeit erhalten bleiben.

Bei einem Besuch von Dr. Reiner Zittlau vom niedersächsischen Institut für Denkmalpflege im Dezember 2005 teilte dieser in einer Pressekonferenz mit, dass dem Antrag der auf dem ehemaligen Lagergelände ansässigen Holzhandlung Oetjen auf Herauslösung aus dem Denkmalschutz nicht stattgegeben werden kann. Nach dieser Entscheidung darf an dem Bestand der für den Ensemblecharakter des Gesamtlagers wichtigen Gebäude im Eingangsbereich (vormalige Entlausungsanstalt, Postbaracke, Wachlokal der Lagerwachmannschaft, Wasserwerk) nicht gerührt werden. Die Gemeinde Sandbostel hatte mehrfach betont, dass sie ihre weitere Unterstützung der Stiftung davon abhängig mache, ob man den Wünschen der Firma Oetjen entgegenkommt. Es ist zu hoffen, dass die Gemeinde, die gemäß der Satzung der Stiftung eine zentrale Funktion hat (sie verfügt über einen festen Sitz im Vorstand und stellt derzeit den Vorsitzenden des Kuratoriums) von dieser der Sache wenig förderlichen Haltung abrückt.

Für das Jahr 2006 ist zunächst die Rodung des mit wildwüchsigen Bäumen und Strauchwerk versehenen Stiftungsgeländes, seine Umzäunung und die Anlage von Besichtigungspfaden vorgesehen. Dies soll möglichst bis zum 29. April, dem Jahrestag der Befreiung des Lagers, vollzogen sein. Bei der diesjährigen Gedenkveranstaltung soll speziell der jugoslawischen Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge gedacht werden.

In welchem Umfang die Pläne zur Errichtung eines Dokumentationszentrums auf dem Gelände in diesem Jahr konkretisiert werden können, ist von verschiedenen Faktoren abhängig, vor allem von der Entwicklung eines überzeugenden und von allen Gründungsmitgliedern der Stiftung getragenen Konzepts. Nach den Vorstellungen des Gedenkstättenvereins sollte dazu umgehend ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden, an dem sich auch die Hochschulen beteiligen können. Ebenso sollte der Vorstand der Stiftung einen Ausschuss bestellen, der sich intensiv mit den Finanzierungsmöglichkeiten für eine Gedenkstätte beschäftigt.

Klaus Volland
Leiter der Dokumentationsstätte Sandbostel in Bremervörde und stellvertretender Vorsitzender des Gedenkstättenvereins Sandbostel

Weitere Informationen unter www.dokumentationsstaette-sandbostel.de, www.stiftung-lager-sandbostel.de und www.ag-spurensuche.com


Ankündigung Buchenwald-Seminar

Die Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora Freundeskreis e.V., die VVN-BdA Hameln und die Antifaschistische Aktion Hameln-Pyrmont veranstalten gemeinsam ein Wochenend-Seminar vom 7. bis 9. April 2006 in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar unter dem Motto "Stoppt die Geschichtsfälscher!". Ein Programmpunkt wird die Führung von Dr. Ulrich Schneider, Bundessprecher der VVN-BdA, am Sonntag durch die Ausstellung sein. Besonders zu erwähnen ist, dass die Figurengruppe von Fritz Cremer nach dreijähriger Rekonstruktionszeit wieder unterhalb des Glockenturms aufgestellt wurde.

Teilnahmegebühr für Übernachtung mit Frühstück und Programm 30,00 €, Kosten für Verpflegung und Fahrkosten fallen zusätzlich an. Anmeldungen bitte an: info(at)antifa-hm-py.de, Tel.: 0700-AntifaHM oder FAX: 05151-941408. Weitere Infos auch unter www.antifa-hm-py.de.


Veranstaltungen in Peine 2006

Auch in diesem Jahr werden in Peine zahlreiche Aktivitäten im antifaschistischen Sinn durchgeführt. Federführend sind das Peiner Bündnis für Zivilcourage und Toleranz und die VVN-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, zum Teil auch in Verbindung mit dem DGB, der IG Metall und der GEW.

Am 8. Mai findet die traditionelle Kranzniederlegung im Peiner Herzberg statt, sprechen wird die Superintendentin Christa Gerts-Isermeyer. Am Freitag, 18. August, ist geplant, weitere Stolpersteine zu verlegen. Dabei sollen auch Menschen geehrt werden, die nicht der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörten, sondern auf Grund ihrer politischen Überzeugung verhaftet und umgekommen sind. Für Samstag, 23. September, ist eine Fahrt zum jüdischen Museum vorgesehen. Vom 2. Oktober bis zum 13. Oktober wird die Ausstellung "Neofaschismus" im Peiner Forum gezeigt, auf den Besuch von Schulklassen soll in Zusammenarbeit mit der GEW ein verstärktes Augenmerk gelegt werden. Unterrichtsmaterialien für die Hand des Lehrers sind vorhanden.

Ein besonderer Hinweis: Am Samstag, 29. April, findet im teatr dach in Meerdorf in Vorbereitung des Kampftages der Arbeiterklasse eine Veranstaltung des DGB statt. Die Braunschweiger Künstler Hans-W. Fechtel und Bernhard Selker bieten Arbeiter- und Freiheitslieder zum 1. Mai dar. Karten zum Preis von 10 € sind bei Peter Baumeister und der IG Metall Peine im Gewerkschaftshaus zu erhalten.


Veranstaltungshinweis für Lüneburg

"Wir erobern die Städte vom Lande aus!"

Über Schwerpunktaktivitäten der NPD und der neofaschistischen Kameradschaftsszene in Niedersachsen berichtet die Journalistin und Autorin Andrea Röpke auf einer Informationsveranstaltung der Lüneburger VVN-BdA am 2. März um 19.00 Uhr im AWO- Veranstaltungsraum in der Katzenstraße in Lüneburg.


Neofa-Kommission Niedersachsen

Es gibt wieder eine Neofa-Kommission der Landesvereinigung, die sich regelmäßig trifft. Wer Interesse an einer aktiven Mitarbeit hat, melde sich bitte im Landesbüro.