Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Neues Mahnmal in Soltau

Kurz vor Kriegsende 1945 mussten 90 KZ-Häftlinge sterben

Ein SPD-Kommunalpolitiker sammelte Spenden, weil der Rat der Stadt Soltau keine Steuergelder geben wollte. Das Geld wurde gebraucht für ein Mahnmal, das an die 90 Nazi-Opfer erinnern soll, die am 11. April 1945 durch die Soltauer Wälder gehetzt und getötet wurden.

Grau und kühl ragen die Quader aus dem Boden. Dass sie an das Holocaust-Mahnmal in Berlin erinnern, ist kein Zufall. Die acht Stelen aus Beton in Soltau (Landkreis Soltau-Fallingbostel) hat der amerikanische Architekt Peter Eisenman entworfen. Es sind seine Berliner Musterstelen, also die Vorlagen für die 2711 Exemplare, die das Stelenfeld in Berlin bilden. In der Stadt Soltau wurde aus diesen Modellen ein eigenes Mahnmal errichtet - als Erinnerung an die, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geworden sind.

»Soltau hat aus dieser Zeit einiges aufzuarbeiten – und tut sich schwer damit«, sagt Wilfried Worch-Rohweder, Initiator des Mahnmals. Der SPD-Kommunalpolitiker hatte 2003 Kontakt zur »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas« aufgenommen und sie von seiner Idee eines Mahnmals für Soltau überzeugt. Der Rechtsanwalt und damalige stellvertretende Landrat machte seine Pläne öffentlich und traf auf teils erbitterten Widerstand. Die Frage war grundsätzlich: Braucht Soltau ein solches Mahnmal?

Nach einigem Hin und Her stimmte der Soltauer Rat 2005 schließlich zu. Mahnmal ja, öffentliche Mittel nein. Begründung: Der klamme Haushalt. Zusammenkommen sollten die geschätzten 40.000 Euro für das Projekt durch private Spenden.

Es geht bei dem neuen Mahnmal auch um ein ganz eigenes dunkles Kapitel Soltauer Stadtgeschichte. Soltau war Eisenbahnknotenpunkt. Auf der sogenannten Heidebahn rollten Züge überall hin – auch ins nahe gelegene Konzentrationslager Bergen-Belsen. Am 11. April 1945, wenige Tage vor Kriegsende, gerät einer dieser Züge bei Soltau in einen Bombenangriff. Die Häftlinge können entkommen, sie verstecke sich in den Wäldern – viele von ihnen in einem Gebiet namens »Sibirien«. Die örtlichen Vertreter des NS-Regimes rufen die Bevölkerung auf, sich an der Suche zu beteiligen und die Häftlinge »unter allen Umständen unschädlich zu machen, sollten sie sich zur Wehr setzen«. Die Suche wird zur Hatz, Volkssturm und Hitlerjugend sind auch dabei. Sie erschießen die Häftlinge, verscharren sie im Soltauer Boden. Die Überreste von 90 Toten werden im Laufe der Jahre gefunden.

Im »Sibirien« von Soltau erinnern nun die Stelen an die Opfer des Nazi-Terrors.

D.-P. Ag.


Zwangsarbeiter von Hannover-Stöcken in den Tod geschickt

Die Verbrechen der Familie Quandt

In der im November gesende- ten Dokumentation »Das Schweigen der Quandts« wird berichtet, daß Überlebende eines Firmen-KZs in Hannover-Stöcken in einer Scheune bei Gardelegen im April 1945 bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Zwei der Mörder, Walter Biermann und Arno Brake, liegen heute auf einem Ehrenfriedhof, als »Opfer des Stalinismus«.

Es dauerte 62 Jahre, bis ein weiterer bezeichnender Aspekt des Massenmordes von Gardelegen-Isenschnibbe einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde. In dem Film »Das Schweigen der Quandts« wird bekannt, dass diese Familie am Tod der Häftlinge in der Scheune von Gardelegen-Isenschnibbe in hohem Maße mitschuldig ist. Die Familie Quandt gehört zu den reichsten der Welt, ihr Reichtum fußt vor allem auf der Ausbeutung der Zwangsarbeiter im Kriege und auf den Profiten aus der Hochrüstung. Sie hat sich nie bei ihren Opfern entschuldigt und sie auch nie wirklich entschädigt.

Sie hat auch nie ein Wort des Bedauerns darüber gefunden, dass der Wehrwirtschaftsführer und Nazi-Funktionär Günther Quandt, dessen Erbe die Familie 1954 antrat, gemeinsam mit seinem Sohn Herbert als Schreibtischtäter am Mord von Gardelegen beteiligt war. Vom Akkumulatorenwerk der Quandts in Hannover-Stöcken, deportierten diese Herren Hunderte nicht mehr arbeitsfähige Zwangsarbeiter aus ihrem firmeneigenen KZ nach Gardelegen (Sachsen-Anhalt). Dort wurden sie Opfer der Mordaktion der Gestapo und der NSDAP in der Feldscheune von Isenschnibbe. Quandt sen. wurde nie für seine Untaten bestraft, nach 1945 war er als »Mitläufer« entnazifiziert worden.

Bei seinem 60. Geburtstag im Juli 1941 sagte der Chef der Deutschen Bank Hermann Abs: »Ihre hervorstechendste Eigenschaft ist Ihr Glaube an Deutschland und den Führer.« Daran hielt er fest. Den von Hitler zum Nachkriegsnachfolger des Propagandaministers Joseph Goebbels ernannten Staatssekretär Werner Naumann förderte er gemeinsam mit seinem Sohn Harald bei seinen Naziaktivitäten im Nachkriegsdeutschland. Die Familie Quandt stellte Naumann als Direktor in ihrer Firma Busch-Jaeger Lüdenscheider Metallwerke ein.

U. S.