Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Braunschweig verhindert Nazi-Aufmarsch

Gewerkschaften, Kirchen und Verbände zeigen: "Bunt stoppt braun!"

Schon seit einem Jahr war bekannt, dass die Nazis am Samstag, den 4. Juni 2011 unter dem Motto "Tag der deutschen Zukunft" in Braunschweig, ein "Zeichen gegen Überfremdung" setzen und durch die Innenstadt marschieren wollten.

Besondere Empörung hatten die Pläne der Nazis auch deshalb hervorgerufen, weil an diesem Samstag das traditionelle Fest "Braunschweig International" auf dem Kohlmarkt stattfinden würde, an dem sich die ausländischen Vereine der Stadt mit Informations- und Essensständen und großem Kulturprogramm präsentierten.

Nachdem die Nazis bis vors Bundesverfassungsgericht geklagt hatten, wurde ihnen eine Kundgebung von 12 bis 15 Uhr am Bahnhof in Braunschweig erlaubt. Möglich war die Durchführung aber nur aufgrund eines gewaltigen Polizeiaufgebots (über 5000 Polizistinnen und Polizisten u.a. aus NRW und Berlin waren im Einsatz). Mehrere Tausend GegendemonstrantInnen waren auf den Beinen. Ab 10 Uhr fanden in unmittelbarer Nähe zum Braunschweiger Hauptbahnhof eine Kundgebung des Bündnisses "Bunt stoppt Braun", in dem u.a. die Gewerkschaften, Kirchen, die Jüdische Gemeinde, Geschäftsleute der Innenstadt, große Braunschweiger Betriebe wie u.a. Volkswagen, die IHK und der Arbeitgeberverband zusammen arbeiteten, auf dem Berliner Platz und eine Zweite des seit Mitte der 1990er-Jahre ständig arbeitenden Bündnisses gegen Rechts am Schilldenkmal statt, an denen sich insgesamt über 5000 Menschen beteiligten. Redner auf der "Bunt stoppt Braun"-Kundgebung war - neben den Vertretern der Kirchen und dem DGB-Regionsvorsitzenden Michael Kleber u.a. - auch Sally Perel aus Israel, der die NS-Zeit als "Hitlerjunge Salomon" im VW-Werk Braunschweig überlebt hatte. Er übergab als Mitglied der israelischen Friedensbewegung eine - symbolische - Fackel für den Frieden und rief: "Seid wachsam, nie wieder Faschismus und nie wieder Krieg." Sally Perel ist 1925 in Peine geboren und er war sehr empört darüber, dass seine Heimatstadt den Nazis den Aufmarsch ohne Gegenwehr genehmigt hatte, wörtlich: "Ich schäme mich für meine Heimatstadt Peine."

Gegen 12 Uhr zog die Demonstration des Bunt stoppt Braun-Bündnisses mit massiver Polizeitbegleitung in die Braunschweiger Innenstadt, während über 500 Personen am Bahnhof blieben, um dort die Hetzreden der ungefähr 500 Nazis, weniger als ursprünglich erwartet, durch lautstarke eigene Beiträge zu übertönen. Da die Polizei den Nazi-Kundgebungsplatz schon seit dem frühen Morgen weiträumig abgesperrt hatte, scheiterten alle Versuche, dichter heran zu kommen. So wurde massiv verhindert, dass die GegendemonstrantInnen den Nazis zeigen konnten, dass sie hier nicht erwünscht sind.

Im Anschluss fuhren die Nazis weiter nach Peine, um dort noch einen Aufmarsch durchzuführen, den sie im Vorfeld bei der Stadtverwaltung Peine angemeldet und genehmigt bekommen hatten.

Vielen Protestierenden in Braunschweig war es jedoch nicht genug, sich nur in Braunschweig gegen die Nazis zu engagieren. Daher machten sich ab etwa 13 Uhr viele Menschen auf den Weg nach Peine.

Der 4. Juni hat mal wieder gezeigt, dass Naziaufmärsche nur statt finden können, wenn sie durch ein großes und massiv auftretendes Polizeiaufgebot geschützt werden. Es ist jedoch ein großer Erfolg der Mobilisierung der Braunschweiger Bündnisse, dass der Widerstand gegen den Naziaufmarsch so viele Menschen sowohl in Braunschweig als auch in Peine auf die Straße brachte.

Auch in Zukunft wird das Bündnis gegen Rechts aktiv gegen Naziaktivitäten vorgehen. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass das Vorgehen der Nazis wie in Braunschweig Schule machen könnte, nämlich, dass sie in einer Stadt einen Aufmarsch anmelden und ihn juristisch durchkämpfen, aber wenn er nur eingeschränkt möglich ist oder verhindert wird, sie gleichzeitig auf Nachbarstädte ausweichen.

Stefan Hölzer


Braunschweiger Nazis weichen auf Fuhsestadt aus

Erschreckendes aus Peine

Erschreckende Szenen gab es am 4. Juni in Peine: 600 Neonazis, flankiert von über 2500 Polizisten, zogen durch die beschauliche Kleinstadt.

Sie kamen aus Braunschweig, wo ihnen nur eine Kundgebung am Bahnhof genehmigt worden war. Die Peiner Verwaltung erklärte, dass es "aus juristischer Sicht" keine Handhabe für ein Verbot gegeben hätte. Den Antrag für den Aufmarsch hatte eine nicht vorbestrafte Frau eingereicht, die zwar Mitglied der NPD ist, doch die sei ja nicht verboten. Ganz anders sei hier auch das Motto der Rechtsextremen, für ein "Demonstrationsrecht ohne Einschränkungen".

Dieser legalistischen Argumentation muss politisch begegnet werden. Schon der Hinweis auf die NPD-Mitgliedschaft hätte gereicht, um die Demo zu verbieten, da die NPD eine menschenverachtende Politik vertritt. Auch mögliche Zwischenfälle müssen einbezogen werden. Dazu kann das niedersächsische Versammlungsgesetz herangezogen werden. So kann nach § 8 "eine Versammlung verboten werden, wenn die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht, gerechtfertigt oder verharmlost wird". So bleibt der Eindruck in der Öffentlichkeit: In Braunschweig wurde die Demo verboten, in Peine erlaubt.

Positiv ist, dass sich innerhalb kurzer Zeit ein Bündnis von CDU bis LINKE, den Gewerkschaften, den Kirchen und vielen weiteren gebildet hatte. Auf einer Kundgebung auf dem Marktplatz gaben Vertreter dieser Gruppen Statements ab und betonten: Neonazis haben in Peine nichts zu suchen. Im Hintergrund prangte das Transparent: "Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen."

Nun muss alles getan werden, damit die Aufmärsche in der Fuhsestadt nicht zur Regel werden.

Peter Baumeister


In Peiner Herzberg:

Schüler gestalten Tag der Befreiung

Bereits zum zweiten Mal haben Schülerinnen und Schüler der Bodenstedt-/Wilhelmschule mit ihren Lehrerinnen Ulrike Klein und Nicole Vopel den "Tag der Befreiung" im Peiner Herzberg gestaltet.

In diesem Jahr feierten sie wegen des Sonntags allerdings erst am 9. Mai. Organisiert wurde die Veranstaltung von der VVN-BdA und dem Peiner Bündnis für Zivilcourage und Toleranz. Mit 60 Personen war sie gut besucht, zu den Gästen zählten auch die stellvertretenden Landräte Rolf Ahlers und Eva Schlaugat sowie der Landtagsabgeordnete Matthias Möhle.

Dieses Mal hatten sich die Schülerinnen und Schüler, darunter viele mit Migrationshintergrund, des Themas "Zwangsarbeit" angenommen. Sie stellten die Situation und das unwürdige Leben dar und wiesen besonders auf Einzelschicksale hin. Dabei machten sie deutlich, dass Zwangsarbeit nicht irgendwo, sondern mitten in Peine stattgefunden hat. Die Angst wurde deutlich, die täglicher Begleiter war und die kargen Mahlzeiten bei schwerer Arbeit. Aber es gab auch Solidarität von deutschen Genossen, wie es ein sowjetischer Zwangsarbeiter in einem Brief mitteilte.

Zuvor hatte der Kreisvorsitzende der Peiner VVN-BdA, Peter Baumeister, darauf hingewiesen, dass es immer weniger Zeitzeugen gibt und dass es auf die Anwesenden ankommt, die Botschaft, insbesondere auch der Rede von Richard von Weizsäcker vom 8. Mai 1985, weiterzutragen. Er setzte sich für einen Stopp der militärischen Intervention in Libyen ein und forderte den Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan.

Musikalisch umrahmt wurde diese Feierstunde von Klaus Perger, ebenfalls Lehrer an der Bodenstedt-/Wilhelmschule. Wolf Biermanns Lied "Soldat, Soldat" und das Soldatenlied aus dem 18. Jahrhundert "Wo soll ich mich hin wenden" waren eine würdige Begleitung. Zum Schluss legten Vertreter von Landkreis, Stadt, Parteien und Verbänden Kränze und Gestecke nieder.

Peter Baumeister


Antifaschisten der Deisterregion feiern Befreiung in Wennigsen

VVN-BdA und DGB begingen Fest der Demokratie am 8. Mai

Auch in diesem Jahr nahmen die VVN-BdA und das Wennigser DGB-Ortskartell den Tag der Befreiung zum Anlass, eine Gedenkveranstaltung mit einem Fest der Demokratie zu verbinden.

Mit dem emeritierten Politikprofessor Joachim Perels war es gelungen, einen über alle Parteigrenzen hinweg anerkannten Wissenschaftler als Hauptredner zu gewinnen. Seine Ansprache, in der Perels am Beispiel der Justiz für jedermann deutlich machte, dass es nach 1945 keine Stunde Null gegeben hatte, sondern dass schon bald wieder NS-belastete Juristen in Amt und Würden waren, wurde von rund 50 Teilnehmenden aufmerksam verfolgt. Manche der von ihm berichteten Fakten, zum Teil bereits aus den 1980er-Jahren, riefen offen Empörung hervor. Wie sehr der Redner den "Nerv der Zuhörer " getroffen hatte, zeigte sich an der regen Diskussion.

Anschließend sprach der SPDLandtagsabgeordnete Heiner Aller, der in seinem Grußbeitrag auf die von ihm als gefährlich eingeschätzte Rechtsentwicklung in ganz Europa hinwies. Zu recht beklagte er, dass zur Zeit lediglich vier europäische Staaten nicht von "rechten" Parteien regiert würden, wobei er insbesondere auf autoritäre Regierungen wie in Ungarn und Italien hinwies und diese als Gefahr für ein demokratisches Europa bezeichnete.

Die Gedenkveranstaltung am Mahnmal für die Opfer von Faschismus und Krieg wurde dann mit dem gemeinsamen Singen des Moorsoldatenlieds und einer Kranzniederlegung abgeschlossen.

Beim Fest der Demokratie nahm die Teilnehmerzahl dann allerdings ein wenig ab. Bei herrlichem Sommerwetter eröffnete der Regionsabgeordnete der Linken, Stefan Müller, das Fest der Demokratie mit einer kurzen Ansprache. Er bedauerte, wie auch Heiner Aller, dass der 8. Mai als wichtiger Gedenktag viel zu selten begangen würde und forderte, dass sich mehr Städte und Gemeinden ein Beispiel an Wennigsen nehmen sollten. "Wenn das so wäre, dann sehe unsere Gesellschaft viel besser aus", sagte er unter dem Beifall der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

An Infotischen der VVN-BdA, der LINKEN, des Bündnisses "Barsinghausen ist bunt" sowie von Amnesty International kam es zu interessanten Gesprächen. Parallel dazu lauschte man den Liedern, die von Michael Pöllath und Hartmut Rahmer vorgetragen wurden. Neben klassischen Arbeiterliedern, wie z.B. dem Solidaritätslied oder dem amerikanischen Gewerkschaftssong "16 Tons", spielten die Musiker auch Lieder von Hannes Wader, Georg Danzer, den Bots und den Schmetterlingen.

Zumindest einigen Zuhörern gefiel es so gut, dass sie mit ans Mikrophon traten und kräftig mitsangen. Alles in allem war es eine rundweg gelungene Veranstaltung, die aber durchaus noch steigerungsfähig und -würdig sei, wie die Veranstalter zum Schluss bemerkten. Daran wollen sie wirken.

Hartmut Rahmer